Verurteilung eines indischen Staatsangehörigen wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit durch das Oberlandesgericht vom BGH im Schuldspruch bestätigt; Höhe der Strafe muss neu festgesetzt werden

Informationen für die Vertreterinnen und Vertreter der Presse

Der Bundesgerichtshof hat die am 21. Juli 2014 erfolgte Verurteilung eines 46-jährigen indischen Staatsangehörigen wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit durch das Oberlandesgericht Koblenz im Schuldspruch bestätigt. Er hat allerdings festgestellt, dass die Agententätigkeit des Angeklagten nicht strafbar ist, soweit sie sich gegen Mitglieder von terroristischen Organisationen richtete. Daher muss die Strafe gegen den Angeklagten vom Oberlandesgericht neu festgesetzt werden.

Der 2. Strafsenat - Staatsschutzsenat - beabsichtigt, die Hauptverhandlung am

Montag, den 21. September um  10.00 Uhr

zu beginnen (Saal 10, Dienstgebäude II des Oberlandesgerichts Koblenz).

Ich bitte die Medienvertreterinnen und -vertreter, die an einer Teilnahme an dem Hauptverhandlungstermin interessiert sind, dies bis zum 17. September 2015 mitzuteilen an medienstelle.olg@ko.mjv.rlp.de. Falls Foto-oder Filmaufnahmen beabsichtigt sind, bitte ich ebenfalls um eine Ankündigung innerhalb der Frist, damit entsprechende Genehmigungen vorbereitet werden können.

Hintergrund:
Das Oberlandesgericht hatte den Angeklagten am 21. Juli 2014 wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt. Der Staatsschutzsenat sah es als erwiesen an, dass der Angeklagte für einen indischen Nachrichtendienst eine geheimdienstliche Agententätigkeit ausgeübt und dabei Erkenntnisse über in Deutschland lebende Inder, insbesondere solche aus dem extremistischen Spektrum des Sikh, weitergegeben hatte.

Der 46 Jahre alte verheiratete Angeklagte ist indischer Staatsangehöriger und gelernter Elektriker. Er gehört der Glaubensrichtung der Sikh an. Nach eigenen Angaben war er in Indien Mitglied der All India Sikh Student Organisation (AISSF), die wie auch andere Sikh-Organisationen für einen selbstständigen Staat auf dem Gebiet des Punjab eintritt.
Im Jahre 2002 war er mit gefälschten Reisepass nach Deutschland eingereist. Sein Asylantrag wurde abgelehnt, die Abschiebung ausgesetzt. Er lebte zuletzt in Ludwigshafen. Er ist bereits in mehreren Fällen wegen Verschaffung von falschen Ausweisen und Einschleusung von Ausländern verurteilt worden.

Nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts verfügte der Angeklagte durch seine Schleusertätigkeit über gute Kontakte zu den Deutschland lebenden Indern, insbesondere zu solchen, die der Glaubensrichtung der Sikh angehören. Infolge seiner Tätigkeit in der AISSF hatte er auch Zugang zum extremistischen Spektrum der Sikh, so etwa zur „Babbar Khalsa International“ (BKI), die von der Europäischen Union als terroristische Organisation eingestuft wird. Wegen dieser Verbindungen wurde der Angeklagte nach der Überzeugung des Senats Ende 2012 von einem Mitarbeiter des indischen Generalkonsulats in Frankfurt a.M. angesprochen, der für einen indischen Geheimdienst, höchstwahrscheinlich den Inlandsnachrichtendienst „Intelligence Bureau“ (IB) tätig ist. Hiervon wusste der Angeklagte. Er erhoffte sich durch eine Zusammenarbeit mit dem indischen Staat Vorteile für sich und seine Familie. Er lieferte in der Folge Informationen über sich in Deutschland aufhaltende Inder - vorrangig aus dem Umfeld der extremistischen Sikh - sowie deren Familienangehörige zu Aufenthalt und Einbindung in Organisationsstrukturen.

Mit seiner konspirativen und aktiven Mitarbeit für den indischen Geheimdienst hat der Angeklagte den Tatbestand der geheimdienstlichen Agententätigkeit verwirklicht. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts war es für die Verwirklichung des Straftatbestandes letztlich nicht entscheidend, dass sich die Ausforschungsbemühungen des Angeklagten auch auf sich in Deutschland aufhaltende Anhänger terroristischer Organisationen bezogen haben. Dieser rechtlichen Würdigung ist der Bundesgerichtshof nicht gefolgt. Vielmehr vertritt er die Auffassung, dass die Tätigkeit des Angeklagten nicht strafbar ist, soweit sie die Mitglieder der von der Europäischen Union als terroristisch gelisteten Organisationen betraf, denn die Ausforschung dieser Betroffenen widerspricht nicht den Interessen der Bundesrepublik Deutschland. Aufgrund des demnach geringeren Schuldgehalts der Tat muss die Höhe der Strafe neu festgesetzt werden.

 

 

 

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