Terminsvorschau Oberlandesgericht Koblenz: 1. Zivilsenat - Sitzungstag: 15. Juni 2011

Der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz verhandelt am Mittwoch, 15. Juni 2011, mehrere Verfahren im Bereich des Staatshaftungsrechts.

Die Verfahren betreffen Ansprüche von Privatpersonen gegen die Bundesrepublik Deutschland, das Land Rheinland-Pfalz sowie Kommunen in Rheinland-Pfalz überwiegend wegen möglicher Amtspflichtverletzungen.

Für Verfahren aus dem Bereich des Staatshaftungsrechts sind im ersten Rechtszug die Landgerichte zuständig. Für Berufungen gegen die Urteile der Landgerichte Bad Kreuznach, Koblenz, Mainz und Trier ist der auf dieses Rechtsgebiet spezialisierte 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz zuständig.

Das Staatshaftungsrecht umfasst unter anderem die Haftung staatlicher Einrichtungen für schuldhafte Pflichtverletzungen ihrer Amtsträger, des Weiteren Ersatzansprüche von Betroffenen nach polizeirechtlichen Vorschriften sowie Ansprüche aus staatlichen Enteignungsmaßnahmen. Das Staatshaftungsrecht ist stark von der obergerichtlichen und höchstrichterlichen Rechtsprechung geprägt.

Die Mitglieder des 1. Zivilsenats unter dem Vorsitz von Herrn Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Peter Itzel sind gerne bereit, vor Beginn des Sitzungstags in die richterliche Tätigkeit des Staatshaftungssenats einzuführen und praxisrelevante Probleme darzustellen. Der Senat steht auch gerne für Fragen zur Verfügung.

Interessierte Vertreterinnen und Vertreter der Medien werden gebeten, ihre Teilnahme bis Dienstag, 14. Juni 2011 bei der Medienstelle des Oberlandesgerichts anzuzeigen (telefonisch: 0261 – 102 – 2547; per E-Mail: medienstelle.olg@ko.mjv.rlp.de).

Die Verhandlungen finden am 15. Juni 2011 im Sitzungssaal 117 des Dienstgebäudes I des Oberlandesgerichts, Stresemannstraße 1 in Koblenz ab 10:00 Uhr statt. Das einführende Gespräch mit dem Senat beginnt im gleichen Sitzungssaal um 9:30 Uhr.

Zur Verhandlung stehen folgende Verfahren an:

Beschädigtes Telefonkabel: Muss sich die Straßenmeisterei über den Verlauf von Versorgungsleitungen erkundigen?

Die Deutsche Telekom AG begehrt von dem beklagten Land Schadensersatz wegen eines bei Bauarbeiten beschädigten Telefonkabels. Im Juli 2005 hatten Mitarbeiter der Straßenmeisterei Bitburg im Rahmen von Bauarbeiten mit einem Bagger ein Hauptkabel getroffen, das entlang der Straße im Erdreich verlief. Das Kabel war 1982 verlegt worden, aber in den Plänen des beklagten Landes nicht verzeichnet. Vor Beginn der Arbeiten hat sich das Land nicht mehr bei der Klägerin über den Verlauf etwaiger Kabel am Ort der Bauarbeiten erkundigt. Das Land hat den Anspruch zur Hälfte anerkannt, will aber den restlichen Schaden in Höhe von ca. 1.000,-- Euro nicht ersetzen, da es von einem Mitverschulden der Klägerin auszugeht.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zwar hätte sich das Land über das Vorhandensein und den Verlauf etwaiger Versorgungsleitungen bei der Klägerin erkundigen müssen. Diese Pflichtverletzung führe aber nur dazu, dass das Land – wie bereits geschehen – die Hälfte des Schadens ersetzen müsse.
Die Klägerin treffe ein hälftiges Mitverschulden, da sie bzw. die Deutsche Bundespost als ihre Rechtsvorgängerin dem beklagten Land im Jahre 1982 nicht die Pläne vorgelegt habe, in welchen das betreffende Kabel eingezeichnet sei. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme müsse davon ausgegangen werden, dass das Kabel 1982 ohne Genehmigung des Landes und ohne Zuleitung der Pläne verlegt worden sei.
Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihren Anspruch weiter (Aktenzeichen: 1 U 1256/10).
Die Verhandlung ist auf 10:00 Uhr terminiert (Oberlandesgericht Koblenz, Dienstgebäude I, Saal 117).

Sturz in der Baustelle: Welche Verkehrssicherungspflichten treffen Baufirma und Gemeinde bei Straßenbauarbeiten?

Der Kläger begehrt von einer Binger Baufirma und der Ortsgemeinde Guldental Schadensersatz in Höhe von ca. 3.200,-- Euro und Schmerzensgeld in Höhe von ca. 40.000,-- Euro wegen eines von ihm behaupteten Sturzes in einer Baustelle im Oktober 2006. Zu diesem Zeitpunkt wurden an einer Gemeindestraße in Guldental Straßen- und Kanalbauarbeiten durchgeführt.
Nach dem Vortrag des heute 88-jährigen Klägers soll er abends in der Baustelle über ein nicht erkennbares Hindernis gestürzt sein und eine schwere, folgenreiche Kopfverletzung erlitten haben. Er wirft den Beklagten vor, die Baustelle nicht hinreichend gesichert zu haben, was von den Beklagten zurückgewiesen wird.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch die Beklagten liege nicht vor.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger seine Anträge weiter (Aktenzeichen: 1 U 1267/10).
Die Verhandlung ist auf 10:45 Uhr terminiert (Oberlandesgericht Koblenz, Dienstgebäude I, Saal 117).

Sturz im Schnee: Wie weit geht die Räum- und Streupflicht der Kommune bei verschneiten und vereisten Gehwegen an Sonntagen?

Die Klägerin begehrt von der beklagten Stadt Kaisersesch Schadensersatz und Schmerzensgeld im Zusammenhang mit einem Sturz auf einem Gehweg bei winterlicher Witterung am Nachmittag des 20. Dezember 2009 (Sonntag). Die letzte Räumung des Gehweges hatte am Samstagmittag stattgefunden, nach dem Vortrag der Klägerin soll dann am folgenden Morgen 20 cm Neuschnee gefallen sein.
Die Klägerin wirft der Stadt eine schuldhafte Verletzung ihrer Verkehrssicherungspflicht vor, da der verschneite und vereiste Gehweg nicht ordnungsgemäß geräumt und gestreut gewesen sei. Die beklagte Stadt wendet ein, der Weg habe an Sonntagen keine Verkehrsbedeutung und müsse daher nicht geräumt und gestreut werden. Zudem treffe die Klägerin ein überwiegendes Eigenverschulden.
Das Landgericht Koblenz hat die Klage abgewiesen. Die beklagte Stadt habe unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles ihre Verkehrssicherungspflicht nicht verletzt.
Die Klägerin verfolgt mit ihrer Berufung ihre erstinstanzlichen Anträge weiter (Aktenzeichen: 1 U 133/11).
Die Verhandlung ist auf 11:30 Uhr terminiert (Oberlandesgericht Koblenz, Dienstgebäude I, Saal 117).

Herabstürzender Baum tötet Forstwirt: Hat Forstamt Verkehrssicherungspflicht verletzt?

Die Witwe eines Forstwirts verlangt vom beklagten Land den Ersatz der Beerdigungskosten nach dem Tode ihres Mannes. Der damals 68-jährige wurde im März 2008 beim Fällen eines Baumes im Staatswald des Forstamtes Rheinhessen (Gemarkung Oberwiesen) von einem bereits zuvor geschlagenen, aber noch nicht heruntergestürztem Baum (so genannter „Hänger“) schwer am Kopf getroffen und verstarb einige Tage später an den Folgen.
Die Klägerin wirft dem Forstamt vor, bei der vorherigen Durchforstung im April 2007 den „Hänger“ nicht ordnungsgemäß zu Boden gebracht bzw. jedenfalls nicht hinreichend gekennzeichnet zu haben. Zudem hätte das Waldstück vor Übernahme des Distrikts durch ihren Mann im Oktober 2007 kontrolliert werden müssen. Letztlich hätten durch Bäume versperrte Waldwege eine rechtzeitige Rettung ihres Mannes verhindert.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und dargelegt, es sei nicht belegt, dass der „Hänger“ durch Mitarbeiter der Beklagten verursacht und sodann nicht richtig gekennzeichnet worden sei. Eine lückenlose Kontrolle des Waldstücks vor Übergabe an einen Privaten sei zudem nicht vorgeschrieben, dieser sei grundsätzlich für seine Arbeitssicherheit selbst verantwortlich. Es sei letztlich nicht dargelegt, dass bei frei zugänglichen Waldwegen eine Lebensrettung möglich gewesen sei.
Die Witwe verfolgt mit ihrer Berufung ihr erstinstanzliches Begehr weiter (Aktenzeichen: 1 U 1343/10).
Die Verhandlung ist auf 13:30 Uhr terminiert (Oberlandesgericht Koblenz, Dienstgebäude I, Saal 117).

Trauma durch Verfolgungsjagd: Wer haftet, wenn Bürger an gefährlichem Polizeieinsatz teilnimmt?

Der Kläger verlangt von der Rhein-Mosel-Fachklinik Andernach (RMK) und dem Land Rheinland-Pfalz Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 30.000,-- Euro wegen eines Vorfalls im August 2003. Er trägt vor, ein aus der geschlossenen psychiatrischen Abteilung der RMK entwichener Patient habe in einem Cochemer Autohaus, der Arbeitsstelle des Klägers, ein Auto entwendet. Der Kläger sei dann von der Polizei zur Sicherstellung des Fahrzeugs mitgenommen worden. Daraufhin habe sich eine stundenlange Verfolgungsjagd mit Hubrauschereinsatz und Schusswaffengebrauch entwickelt, der Kläger sei mehrfach in Lebensgefahr gewesen. Infolge dieser Situation habe der Kläger eine posttraumatische Belastungsstörung entwickelt, die eine bereits bestehende Traumatisierung aus der Militärzeit im Kosovo (der Kläger stammt aus dem ehemaligen Jugoslawien) verstärkt habe.
Der Kläger wirft den Beklagten vor, sie hätten die Entweichung des Patienten und damit die weitreichenden Folgen für den Kläger verhindern müssen.
Das Landgericht Koblenz hat die Klage abgewiesen. Der Kläger habe seine Behauptungen über den Polizeieinsatz nicht hinreichend belegt. Allein die Tatsache, dass er an einer schnellen Verfolgungsfahrt in einem Polizeiwagen teilgenommen habe, begründe noch keine konkrete Gefährdungslage. Zudem sei der Kläger offensichtlich freiwillig mitgefahren und damit die Gefahr auch in Kauf genommen. Letztlich bestehe eine vorrangige Haftung des KFZ-Halters und der Anspruch sei verjährt.
Der Kläger verfolgt mit seiner Berufung die erstinstanzlichen Anträge weiter (Aktenzeichen: 1 U 131/11).
Die Verhandlung ist auf 14:00 Uhr terminiert (Oberlandesgericht Koblenz, Dienstgebäude I, Saal 117).

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