Staatsschutzverfahren wegen mutmaßlicher Spionagetätigkeit für einen türkischen Nachrichtendienst gegen Geldauflagen und Weisungen vorläufig eingestellt

Der 1. Strafsenat – Staatsschutzsenat - des Oberlandesgerichts Koblenz hat das Strafverfahren gegen drei Angeklagte, denen mutmaßliche Spionagetätigkeit für einen türkischen Nachrichtendienst  zur Last gelegt worden war, mit deren Zustimmung sowie der Zustimmung des Generalbundesanwalts gegen Auflagen und Weisungen vorläufig eingestellt. Der Prozess gegen den Angeklagten Muhammed G. wird danach ohne Urteil beendet, wenn die Zahlung einer Geldauflage von 70.000 € an die Staatskasse nachgewiesen ist; der Angeklagte Ahmet Y.  soll einen Betrag von 5.000 € zahlen und der Angeklagte Göksel G. wurde angewiesen, 100 Sozialstunden abzuleisten. Der Angeklagte Muhammed G. hat den Betrag von 70.000 € inzwischen bezahlt. Der gegen ihn bestehende Haftbefehl wurde mit Beschluss vom heutigen Tage aufgehoben; der Angeklagte wurde aus der Untersuchungshaft entlassen.

Den Angeklagten war zur Last gelegt worden, spätestens ab Februar 2013 bis zu ihrer Festnahme am 17. Dezember 2014 für den türkischen Geheimdienst „MIT“ Spionagetätigkeiten ausgeübt zu haben. Der Angeklagte Muhammed G. soll dabei als Führungsoffizier tätig gewesen sein und mehrere informelle Geheimdienstmitarbeiter, u.a. die beiden Mitangeklagten Ahmet Duran Y. und Göksel G., betreut und geleitet haben. Im Auftrag des Angeklagten Muhammed G. sollen die Mitangeklagten insbesondere Informationen über Kritiker des türkischen Ministerpräsidenten Erdogan gesammelt und dem Angeklagten Muhammed G. hierüber und über Kundgebungen kurdischer Aktivisten berichtet haben. Dieser soll die gewonnenen Erkenntnisse über Hintermänner im türkischen Sicherheitsapparat weitergereicht haben.

Nach Auffassung des Senats haben sich nach dem derzeitigen Stand der Beweisaufnahme die nach dem Anklagevorwurf von den Angeklagten weitergeleiteten Informationen teilweise nur auf Personen bezogen, die weder in der Bundesrepublik Deutschland leben noch die deutsche Staatsangehörigkeit haben;  dieses Verhalten wäre nicht als eine gegen die Bundesrepublik Deutschland gerichtete Spionagetätigkeit einzustufen. Entsprechendes gelte für die Weitergabe von sonstigen Informationen, die ihrerseits bereits Gegenstand von allgemein zugänglichen Veröffentlichungen in der Presse gewesen seien.

Im verbleibenden Umfang sind die Tatvorwürfe jedenfalls nicht von bedeutendem Gewicht. Ein Schuldnachweis könnte gegebenenfalls auch nur durch eine aufwendige weitere Fortdauer der Hauptverhandlung bis zum Beginn oder Frühjahr des nächsten Jahres geführt werden.

Da die Angeklagten überdies nicht bzw. nicht erheblich vorbestraft sind und sie sich in Untersuchungshaft befanden – der Angeklagte Muhammed G. hat mehr als 10 Monate Untersuchungshaft verbüßt -  könne dem öffentlichen Interesse an einer Strafverfolgung auch durch die Erfüllung von Auflagen und Weisungen genügt werden.

 

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