Kein Aufschub im Koblenzer Vergabeverfahren zum Hochwasserschutz

Das Oberlandesgericht Koblenz hat in einem Vergabeverfahren der Stadt Koblenz zum Hochwasserschutz zwei Anträge von Bietern auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung ihres Rechtsmittels zurückgewiesen. Das Vergabeverfahren der Stadt Koblenz kann damit seinen Fortgang nehmen, auch wenn eine abschließende gerichtliche Entscheidung noch aussteht.

Die Stadt Koblenz will den Hochwasserschutz für die Stadtteile Lützel, Neuendorf und Wallersheim verbessern. Das in sechs Lose aufgeteilte Bauvorhaben hat einen geschätzten Gesamtauftragswert von mehr als 30 Millionen Euro.

Das Los 6 hat die Herstellung, Lieferung und Montage eines mobilen Hochwasserschutzsystems zum Gegenstand. Dieses System soll bei Bedarf auf einer aus Stahlbeton bestehenden stationären Hochwasserschutzanlage errichtet werden. Der geschätzte Wert dieser Teilleistung beträgt 1,3 Millionen Euro. Der Auftrag soll im beschleunigten nichtoffenen Verfahren vergeben werden.

Die Stadt Koblenz hat eine Bieterin aus dem Raum Neuwied nicht bei der Teilnahme am Vergabeverfahren berücksichtigt. Die Stadt ist der Auffassung, der Antrag enthalte nicht alle geforderten Unterlagen (Aktenzeichen: 1 Verg 8/10). Eine weitere Bieterin aus Luxemburg hat die Stadt Koblenz nach Abschluss des Teilnahmewettbewerbs vom Vergabeverfahren mit der Begründung ausgeschlossen, dass die beigefügten Referenzen der Bieterin unzureichend seien und Zweifel an der Eignung der Bieterin bestünden (Aktenzeichen: 1 Verg 9/10).

Beide Bieter haben jeweils einen Antrag auf Nachprüfung der zu ihren Ungunsten getroffenen Entscheidung bei der Vergabekammer Rheinland-Pfalz in Mainz gestellt. Die Vergabekammer hat den Antrag der Bieterin im erstgenannten Verfahren als unzulässig verworfen und den anderen Antrag als unbegründet zurückgewiesen. Beide Bieter wenden sich gegen die sie betreffende Entscheidung mit dem Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde. Sie haben das Rechtsmittel mit dem Eilantrag verbunden, die gesetzliche aufschiebende Wirkung ihres Rechtsmittels zu verlängern, um das Vergabeverfahren einstweilen zu stoppen (§ 118 Abs.1 Satz 3 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen; der Gesetzestext ist im Anhang wiedergegeben). Der Vergabesenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat beide Eilanträge jeweils durch Beschluss vom 4. Oktober 2010 zurückgewiesen. Über die jeweiligen Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde der Bieter ist damit noch nicht abschließend entschieden.

Der Vergabesenat hat in seinen Entscheidungen ausgeführt, die Anträge auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung seien zurückzuweisen, weil die Rechtsmittel der Antragsteller nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand nur geringe Aussichten auf Erfolg hätten und zudem ein öffentliches Interesse an einem zügigen Fortgang der Arbeiten an dem Gesamtobjekt bestehe. Bezogen auf die beiden Beschwerdeführer seien Verstöße der Stadt Koblenz im Vergabeverfahren derzeit nicht festzustellen.

Angesichts des derzeit nicht erkennbaren Erfolgs des jeweiligen Rechtsmittels gewinne auch der Umstand Bedeutung, dass ein gewichtiges Interesse am zügigen Fortgang der Arbeiten besteht. Wie die Stadt Koblenz bereits in der Bekanntmachung des Vergabeverfahrens mitgeteilt habe, sei es unerlässlich, den Einbau der Verankerungselemente für das mobile Hochwasserschutzsystem, die zum Leistungsgegenstand des Loses 6 gehören, in die Bauarbeiten zu integrieren, die Gegenstand anderer Lose sind. Inzwischen seien die Arbeiten an der stationären Hochwasserschutzanlage soweit fortgeschritten, dass die Ankerplatten mit der Unterkonstruktion verschweißt beziehungsweise dort einbetoniert werden könnten. Eine weitere Verzögerung der Auftragsvergabe im Los 6 hätte faktisch einen Baustopp mit nachteiligen finanziellen Auswirkungen zu Lasten der Stadt – und damit der Allgemeinheit – zur Folge.

Die Beschlüsse des Oberlandesgerichts Koblenz vom 4. Oktober 2010 (1 Verg 8/10 und 1 Verg 9/10) sind unter www.mjv.rlp.de (Rechtsprechung) veröffentlicht.

Oberlandesgericht Koblenz, Beschlüsse vom 4. Oktober 2010
Aktenzeichen: 1 Verg 8/10 und 1 Verg 9/10

 

Zusatzinformation:

§ 118 Abs. 1 und 2 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) lauten wie folgt:

1) Die sofortige Beschwerde hat aufschiebende Wirkung gegenüber der Entscheidung der Vergabekammer. Die aufschiebende Wirkung entfällt zwei Wochen nach Ablauf der Beschwerdefrist. Hat die Vergabekammer den Antrag auf Nachprüfung abgelehnt, so kann das Beschwerdegericht auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung bis zur Entscheidung über die Beschwerde verlängern.

(2) Das Gericht lehnt den Antrag nach Absatz 1 Satz 3 ab, wenn unter Berücksichtigung aller möglicherweise geschädigten Interessen die nachteiligen Folgen einer Verzögerung der Vergabe bis zur Entscheidung über die Beschwerde die damit verbundenen Vorteile überwiegen. Bei der Abwägung ist das Interesse der Allgemeinheit an einer wirtschaftlichen Erfüllung der Aufgaben des Auftraggebers zu berücksichtigen. Das Gericht berücksichtigt bei seiner Entscheidung auch die Erfolgsaussichten der Beschwerde, die allgemeinen Aussichten des Antragstellers im Vergabeverfahren, den Auftrag zu erhalten, und das Interesse der Allgemeinheit an einem raschen Abschluss des Vergabeverfahrens.

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