| Oberlandesgericht Koblenz

Anklage gegen fünf mutmaßliche Mitglieder einer terroristischen Vereinigung „Vereinte Patrioten“ zugelassen

Der 1. Strafsenat - Staatsschutzsenat - des Oberlandesgerichts Koblenz hat die Anklage des Generalbundesanwalts vom 11. Januar 2023 gegen die deutschen Staatsangehörigen Sven B. (Alter: 55 Jahre), Michael H. (Alter: 44 Jahre), Thomas K. (Alter: 51 Jahre), Thomas O. (Alter: 56 Jahre) und Elisabeth R. (Alter: 75 Jahre) mit geringen Abweichungen in Bezug auf Verstöße gegen das Waffengesetz zugelassen und das Hauptverfahren eröffnet (Beschluss des 1. Strafsenats - Staatsschutzsenat - vom 11. April 2023, Aktenzeichen: 1 StE 2 BJs 141/22).

Den Angeklagten wird vorgeworfen, eine inländische terroristische Vereinigung gegründet oder sich darin mitgliedschaftlich betätigt zu haben (§ 129a Abs. 1 Nrn. 1 und 2, Abs. 2 Nr. 2 StGB). In diesem Zusammenhang wird Sven B., Michael H., Thomas O. und Elisabeth R. zur Last gelegt, Rädelsführer gewesen zu sein (§ 129a Abs. 4 StGB). Zugleich wird allen oben genannten Angeklagten die Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens gegen den Bund (§ 83 Abs. 1 StGB) vorgeworfen. Daneben werden Thomas O. und Thomas K. die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat (§ 89a Abs. 1 und 2 Nr. 2 StGB) sowie Verstöße gegen das Waffenrecht vorgeworfen. Sven B. ist zudem wegen Terrorismusfinanzierung (§ 89c Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 und 5, Abs. 2 StGB) sowie Beihilfe zu Verstößen gegen das Waffenrecht angeklagt.

Die Angeklagten sollen sich spätestens Mitte Januar 2022 zu einer Gruppierung zusammengeschlossen haben, die es sich zum Ziel gesetzt hatte, mittels Gewalt sowie zumindest unter Inkaufnahme von Todesopfern in Deutschland bürgerkriegsähnliche Zustände auszulösen und damit den Sturz der Bundesregierung und der parlamentarischen Demokratie herbeizuführen. Hintergrund ist, dass die Angeklagten einer - maßgeblich durch Elisabeth R. geprägten - Ideologie folgen sollen, nach der die auf dem Grundgesetz beruhende staatliche Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland keine Geltung beanspruchen könne. Vielmehr existiere das Deutsche Reich auf Grundlage der Verfassung von 1871 weiter. Daher müsse hier wieder ein autoritär geprägtes Regierungssystem nach dem Vorbild des Deutschen Kaiserreichs etabliert werden.

Um die Staatsgewalt in Deutschland zu übernehmen, sollen die Angeklagten zunehmend konkrete Vorbereitungen getroffen haben. Die Vereinigung soll sich in zwei verschiedenen Armen organisiert haben. Sven B., Thomas K. und Thomas O. gehörten danach zum operativen „militärischen Zweig“, während Elisabeth R. und Michael H. sich in den „administrativen Zweig“ eingebracht haben sollen. Die Gruppierung soll einen dreistufigen Aktionsplan entworfen haben, der miteinander verzahnte Maßnahmen vorsah: Zunächst sollte durch die Beschädigung oder Zerstörung wichtiger Einrichtungen zur Stromversorgung ein längerdauernder bundesweiter Stromausfall („Blackout“) verursacht werden. Sodann sei ein hochrangiger Regierungsvertreter, namentlich der amtierende Bundesminister für Gesundheit, Prof. Dr. Karl Lauterbach, gegebenenfalls nach Tötung seiner Personenschützer, gewaltsam zu entführen. Die daraus nach Vorstellung der Angeklagten resultierenden bürgerkriegsähnlichen Zustände sollten es der Vereinigung schließlich ermöglichen, in Berlin öffentlichkeitswirksam eine „konstituierende Versammlung“ anzuberaumen, welche die bisherige Regierung offiziell absetzen und eine neue „Führungsperson“ bestimmen würde.

Zur Realisierung ihrer Umsturzpläne sollen Sven B. und Thomas O. schon spätestens seit Oktober 2021 in verschiedenen Telegram-Chatgruppen, danach bei persönlichen Zusammenkünften, nach Unterstützung gesucht haben. Thomas O. soll federführend für die Planung des „Blackout“ zuständig gewesen sein. Hierzu habe er mehrere aus seiner Sicht anschlagsgeeignete Objekte ausgekundschaftet und habe sich Kartenmaterial zur Strominfrastruktur beschafft. Sven B. habe für sich innerhalb des „militärischen Zweigs“ eine Führungsposition in Anspruch genommen. Er sollte die Entführung von Prof. Dr. Karl Lauterbach leiten und mit militärischen Mitteln den Zusammentritt der „konstituierenden Versammlung“ absichern. Thomas O. und Sven B. sollen versucht haben, Waffen und Sprengstoff für die Vereinigung zu beschaffen. Mehrere Tonnen wollten sie mutmaßlich aus dem ehemaligen Jugoslawien einführen. Sven B. sei in den Transfer von Finanzmitteln für den Waffenerwerb involviert gewesen und habe auch eigene Vermögenswerte beigesteuert. Thomas O. wurde festgenommen, nachdem er zwei vollautomatische Sturmgewehre des Typs AK 47 sowie vier Kurzwaffen der Marke Glock nebst Munition bestellt und erhalten habe.

Michael H. sei unter anderem damit betraut gewesen, unmittelbar vor der Anberaumung der „konstituierenden Versammlung“ eine sogenannte „False Flag“-Aktion zu inszenieren, bei der ein Schauspieler den amtierenden Bundespräsidenten oder Bundeskanzler in einer Live-Sendung im Fernsehen imitieren und verlautbaren sollte, dass die Bundesregierung abgesetzt sei und nunmehr wieder die Verfassung von 1871 gelte. Elisabeth R. sei gemeinsam mit Sven B., Michael H. und Thomas O. mit der Anwerbung potentieller Vereinigungsmitglieder befasst gewesen. Sie habe auf eine rasche Umsetzung des Vorhabens gedrängt und habe dazu wiederholt bestimmte Termine benannt. Zudem soll sie diverse Schriftstücke, die bei den geplanten Aktionen Verwendung finden sollten, verfasst haben.

Sven B., Michael H., Thomas O. und Thomas K. wurden am 13. April 2022 festgenommen und befinden sich seitdem in Untersuchungshaft. Elisabeth R. wurde am 13. Oktober 2022 festgenommen. Sie befindet sich seitdem ebenfalls in Untersuchungshaft.

Der Staatsschutzsenat beabsichtigt, die Hauptverhandlung ab Mitte/Ende Mai 2023 zu beginnen (Oberlandesgericht Koblenz, Dienstgebäude I, Stresemannstraße 1, 56068 Koblenz, Saal 120). Die konkreten Termine bedürfen noch der Abstimmung und werden zu einem späteren Zeitpunkt bekanntgegeben. Soweit möglich, sollen sie mittwochs und donnerstags stattfinden.  

 

Medienvertreterinnen und Medienvertreter, die an einer Teilnahme an der Hauptverhandlung interessiert sind, können sich ausschließlich per E-Mail unter Verwendung des von der Pressestelle des Oberlandesgerichts Koblenz zur Verfügung gestellten Formblattes und unter Übermittlung eines gültigen Presseausweises oder eines sonstigen Nachweises ihrer journalistischen Tätigkeit bei der Pressestelle des Oberlandesgerichts Koblenz (akkreditierung.olg@ko.jm.rlp.de)für „Vereinte Patrioten“ akkreditieren. Jeder Medienvertreter und jede Medienvertreterin muss sich einzeln akkreditieren und kann sich nur einmal akkreditieren. Sammelakkreditierungen einzelner Medienorgane sind nicht zulässig. Akkreditierungsgesuche, die nicht per E-Mail unter Verwendung des von der Pressestelle des Oberlandesgerichts Koblenz zur Verfügung gestellten Formblattes an die o.g. E-Mail-Adresse gesandt werden, sind unzulässig und werden nicht berücksichtigt.

Die Anzeigefrist für ein Akkreditierungsgesuch beginnt am 13. April 2023 um 11.00 Uhr und endet am 28. April 2023 um 12.00 Uhr. Akkreditierungsgesuche, die außerhalb dieser Frist eingehen, können nicht berücksichtigt werden.

Genehmigungen zur Fertigung von Foto-, Film- und/oder Tonaufnahmen werden nur akkreditierten Medienvertreterinnen und Medienvertretern erteilt und sind innerhalb der oben genannten Akkreditierungsfristunter Verwendung des von der Pressestelle des Oberlandesgerichts Koblenz zur Verfügung gestellten Formblattesper E-Mail bei der Pressestelle des Oberlandesgerichts Koblenz (akkreditierung.olg(at)ko.jm.rlp.de) zu beantragen.

Akkreditieren sich mehr Interessierte für Ton-, Foto- und Filmaufnahmen als aus Raum- und Sicherheitsgründen tragbar, bleibt vorbehalten, Ton-, Foto- und Filmaufnahmen im Sitzungssaal nur im Rahmen einer Pool-Lösung zu gestatten.

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